UTOPIEN

8. - 22.9.2021

Eine Veranstaltung der FILMREIHE KÖLN

Viel­leicht ist das Leben in­mit­ten einer Pan­de­mie kein guter Ort für Uto­pi­en. Viele wün­schen sich ein­fach nur alte Frei­hei­ten zu­rück. Frei­hei­ten, die für an­de­re je­doch nie gal­ten. Eine Ge­sell­schaft ohne Ein­schrän­kung und Dis­kri­mi­nie­rung – sei es auf­grund von Gen­der, Ras­si­fi­zie­rung, se­xu­el­ler Ori­en­tie­rung, Her­kunft, Aus­se­hen, Sta­tus oder Klas­se – ist der­zeit für viele un­denk­bar. Eine Dys­to­pie, in der viele quee­re, Schwar­ze oder auf­grund di­ver­ser Zu­schrei­bun­gen dis­kri­mi­nier­te Men­schen leben, sehen an­de­re wie­der­um ge­ra­de erst kom­men. Mit der na­hen­den Kli­ma­ka­ta­stro­phe wird eine Dys­to­pie rea­lis­ti­scher als viele Uto­pi­en. Dabei wäre das Vor­ha­ben, sie zu stop­pen, dank Er­run­gen­schaf­ten der Wis­sen­schaft und so­zia­ler Be­we­gun­gen, gar nicht mal so uto­pisch; wären da nicht po­li­ti­sche Rea­li­tä­ten, die das ver­hin­dern. 

Mit dem Thema Uto­pi­en wid­men wir uns über drei Aben­de hin­weg Ent­wür­fen für die Zu­kunft und Fra­gen nach einer bes­se­ren Welt. Wir rich­ten den Blick auf Vi­sio­nen der struk­tu­rel­len Gleich­stel­lung und Dis­kri­mi­nie­rungs­frei­heit, Afro­fu­tu­ris­mus, Bio­hacking und die Macht von Er­zäh­lun­gen. Wir be­schäf­ti­gen uns mit dem Men­schen, Tech­no­lo­gie, per­sön­li­chen und ge­sell­schaft­li­chen Uto­pi­en, al­ter­na­ti­ven Le­bens­wel­ten sowie Kon­zep­ten von Nach­hal­tig­keit, Um­welt­schutz und Stadt­pla­nung. Wir bli­cken po­si­tiv ge­willt in die Zu­kunft und sehen uns in den wun­der­ba­ren Licht­spie­len Kalk. Auf ins Kino, dem Ort der Uto­pi­en!

QUEERE & AFROFUTURISTISCHE VISIONEN

MIttwoch, 8. SEPTEMBER 2021, 19 UHR , LICHTSPIELE KALK

Das Kurz­film­pro­gramm er­kun­det den uto­pi­schen Weg in eine Welt vol­ler si­che­rer Räume, be­freit von Aus­gren­zung und bio­lo­gi­scher oder ge­sell­schaft­li­cher Ein­schrän­kung. Eine Welt, die das Trau­ma der Schwar­zen Welt­be­völ­ke­rung über­win­det und nach der Apo­ka­lyp­se neu an­fängt. Die Filme sind vi­su­ell und er­zäh­le­risch viel­fäl­tig. Do­ku­men­tar­film trifft auf Per­for­mance, Ex­pe­ri­men­tal­film auf Koch­show-Sa­ti­re, Mu­sik­vi­deo auf Sci­ence Fic­tion oder Es­say­film. TRA­C­ING UTO­PIA be­glei­tet quee­re Ju­gend­li­che beim Ent­wer­fen frei­er Orte. GEN­DER­LESS JEL­LY­FISH und HOU­SE­WI­VES MA­KING DRUGS prä­sen­tie­ren Mög­lich­kei­ten, sich selbst­be­stimmt zu ge­stal­ten – sei es an­hand von Vor­bil­dern aus der Tier­welt oder mit­tels Bio­hacking. PASS THIS ON füllt einen Raum mit Musik, in dem freie Ent­fal­tung un­er­war­tet mög­lich wird. OC­TA­VIA’S VI­SI­ONS wen­det sich einer Zu­kunft zu, die dank in­ter­sek­tio­na­ler, so­zia­ler Be­we­gun­gen ge­wan­delt ist und zu­rück auf un­se­re Ge­gen­wart blickt, die durch Hass auf das ver­meint­lich An­ders­ar­ti­ge, Um­welt­zer­stö­rung sowie Herr­schafts­sys­te­me und Kon­zep­te ge­prägt ist, die vor lan­ger Zeit eta­bliert wur­den: Ko­lo­nia­lis­mus und Ras­sis­mus. IFU ELIM­NYAMA sucht in My­tho­lo­gie und Tech­no­lo­gie nach dem Schlüs­sel zur Be­frei­ung der Schwar­zen Zi­vi­li­sa­ti­on, HERE IS THE IMA­GI­NA­TI­ON OF THE BLACK RA­DI­CAL fin­det sie im Fu­tu­ris­mus einer kar­ne­va­lis­ti­schen Ge­gen­wart. TURN­TA­BLES be­schwört zu guter Letzt mit viel Em­power­ment das Blatt, das sich wen­den muss.

TRACING UTOPIA, Catarina de Sousa/Nick Tyson, 2021, 27 Min.
GENDERLESS JELLYFISH, Coral Short, 2013, 3 Min.
HOUSEWIVES MAKING DRUGS, Mary Maggic, 2017, 10 Min.
PASS THIS ON (THE KNIFE), Johan Renck, 2003, 4 Min.
OCTAVIA’S VISIONS, Zara Zandieh, 2021, 18 Min.
IFU ELIMNYAMA (THE DARK CLOUD), Russel Hlongwane, 2019, 7 Min.
HERE IS THE IMAGINATION OF THE BLACK RADICAL, Rhea Storr, 2020, 10 Min.
TURNTABLES (JANELLE MONÁE), Child., 2020, 3 Min.

STORY TELLING FOR EARTHLY SURVIVAL

MIttwoch, 15. SEPTEMBER 2021, 19 UHR, LICHTSPIELE KALK

Im Zen­trum des Abends steht ein fil­mi­sches Por­trät über die Bio­lo­gin und Wis­sen­schafts­his­to­ri­ke­rin Donna Ha­ra­way, u.a. be­kannt für ihre Texte Ma­ni­fes­to for Cy­borgs oder The Com­pa­ni­on Spe­cies Ma­ni­fes­to. In ihrer For­schung in­ter­es­siert sich Ha­ra­way für mög­li­che Schnitt­stel­len von Mensch und Ma­schi­ne, das Zu­sam­men­le­ben un­ter­schied­li­cher Spe­zi­es wie Mensch und Tier, die Auf­he­bung und das Neu­den­ken ver­meint­li­cher Ge­gen­satz­paa­re wie Mensch/Ma­schi­ne, Mann/Frau oder phy­sisch/me­ta­phy­sisch und damit die Hin­wen­dung zu einem Kon­zept des ‚si­tu­ier­ten Wis­sens‘. Sie ver­knüpft Wis­sen­schafts­theo­ri­en und Tech­no­lo­gie­ent­wick­lun­gen mit fe­mi­nis­ti­schen Dis­kur­sen und Sci­ence-Fic­tion. Der in ihrem süd­ka­li­for­ni­schen Haus ent­stan­de­ne Film taucht nicht nur in Ha­ra­ways pro­gres­si­ven Ge­dan­ken­kos­mos und ihre be­son­de­re Art des Zu­sam­men­le­bens ein, son­dern spielt auch auf fil­mi­scher Ebene mit ihren An­sich­ten, indem Ar­chiv­ma­te­ri­al und Green­screen-Tech­nik auf hu­mor­vol­le Weise ein­ge­bun­den wer­den.
Ge­rahmt wird der Abend von drei Mu­sik­vi­de­os und einem kur­zen Do­ku­men­tar­film über den voll­stän­dig far­ben­blin­den Neil Har­bis­son, der sich eine An­ten­ne in den Hin­ter­kopf im­plan­tiert hat und nun Far­ben hören kann.

Der Abend fin­det statt im Rah­men der bun­des­wei­ten Do­ku­men­tar­film­ta­ge LETs­DOK in Ko­ope­ra­ti­on mit der AG DOK West.

ALL IS FULL OF LOVE (BJÖRK), Chris Cunningham, 1999, 4 Min.
DONNA HARAWAY: STORY TELLING FOR EARTHLY SURVIVAL, Fabrizio Terranova, 2016, 81 Min.
HEARING COLORS, Greg Brunkalla, 2015, 5 Min.
VIRUS (BJÖRK), Andrew Thomas Huang, 2011/2014, 5 Min.
DIE WELT GEHT NOCH NICHT UNTER (THE SCREENSHOTS), Kurt Prödel, 2020, 3 Min.

WIE WOLLEN WIR LEBEN?

MIttwoch, 22. SEPTEMBER 2021, 19 UHR, LICHTSPIELE KALK

Wie wol­len wir leben? Die fil­mi­schen Po­si­tio­nen loten Ant­wor­ten auf diese Frage aus und ent­wer­fen in­di­vi­du­el­le und ge­sell­schaft­li­che Al­ter­na­ti­ven. Wir be­we­gen uns von per­sön­li­chen Per­spek­ti­ven hin zu Ent­wür­fen, die das Wohl der Ge­mein­schaft mit­den­ken. Für Endre Tót be­deu­te­te künst­le­ri­sche Frei­heit im Un­garn der 1970er Jahre einen Schritt zu tun, hin- und her­zu­ge­hen oder die Beine über­ein­an­der zu schla­gen. Ein prä­gen­des Kind­heits­er­leb­nis lässt in CEN­TAU­RESS die Ge­dan­ken flie­ßen und stellt die Frage: Wie funk­tio­niert Er­in­ne­rung? Das Ge­dächt­nis geht seine ei­ge­nen Wege und be­fragt die Mög­lich­kei­ten, durch Wut und Mut Ver­än­de­rung zu er­rei­chen. (STEVE) TEMP­LE zeich­net das Ruhr­ge­biet als fik­ti­ve Land­schaft – ein an­ar­chi­scher Raum, in dem die Men­schen spon­tan und ko­ope­ra­tiv leben, frei von Hier­ar­chi­en. Der ME­GATRICK, eine ge­ra­de Linie zu zeich­nen, ist im Prin­zip ganz ein­fach. Aber was, wenn es gar nicht ums Zeich­nen geht, son­dern um das Leben an sich? 60 ELE­PHANTS por­trä­tiert den fran­zö­si­schen Ar­chi­tek­ten und Hu­ma­nis­ten Yona Fried­man und stellt ein Plä­doy­er für die Rea­li­sier­bar­keit von Uto­pi­en dar. 2017 knüpf­te der da­ma­li­ge KHM-Stu­dent Stef­fen Meyn Kon­tak­te zu Ak­ti­vist*innen, die im Ham­ba­cher Wald leben und gegen des­sen Ro­dung zum Zweck der Braun­koh­le­ge­win­nung de­mons­trie­ren, und be­gann ihre Ar­beit fil­misch zu do­ku­men­tie­ren. Dabei be­griff er die Baum­haus­sied­lun­gen als ein Ex­pe­ri­men­tier­feld für al­ter­na­ti­ve Le­bens­for­men. Der Do­ku­men­tar­film UM FILME PARA EHUA­NA ver­bringt ei­ni­ge Zeit mit Ehua­na Yaira und ihrer Fa­mi­lie in einer Ya­no­ma­mi-Ge­mein­schaft im Her­zen des Ama­zo­nas­wal­des. THE IN­STI­TU­TE er­kun­det die Be­deu­tung der bio­lo­gi­schen Viel­falt für die kul­tu­rel­le Iden­ti­tät und die wirt­schaft­li­che Un­ab­hän­gig­keit La­tein­ame­ri­kas. Wie viel ur­ba­ner Raum für den Au­to­ver­kehr ver­lo­ren geht, macht eine uto­pi­sche Vi­sua­li­sie­rung von Jan Ka­mens­ky deut­lich.

I AM GLAD IF..., Endre Tót, 1972-73, 13 Min.
CENTAURESS, Deniz Şimşek, 2020, 8 Min.
(STEVE) TEMPLE, Tanita Olbrich, 2020, 6 Min.
MEGATRICK, Anne Isensee, 2017, 2 Min.
60 ELEPHANTS. EPISODES OF A THEORY, Michael Klein/Sasha Pirker, 2018, 22 Min.
EINE FÜHRUNG DURCH DEN WALD, Steffen Meyn, 2017, 4 Min.
UM FILME PARA EHUANA, Louise Botkay, 2018, 26 Min. (Archiv Internationale Kurzfilmtage Oberhausen)
THE INSTITUTE, Alexander Glandien, 2020, 13 Min.
COMEDY STREET, Jan Kamensky, 2020, 2 Min.


Veranstaltungsort: Lichtspiele Kalk, Kalk-Mülheimer-Straße 130-132, 51103 Köln

Eintritt: 8,50 Euro / Ermäßigt: 7,50-8,00 Euro

Kurator*innen: Lisa Bosbach, Dominik Bühler, Corinna Kühn

Gefördert durch: