KEIN BLATT VOR DEM MUND

Meinung im Film und Film als Debatte
26.11. - 17.12.2019

Eine Veranstaltung der FILMREIHE KÖLN

Die Frage, wie es um die Mei­nungs­frei­heit be­stellt ist, wird der­zeit vie­ler­orts ver­han­delt. Die De­bat­te wird ge­trie­ben von jenen, die die Mei­nungs­frei­heit ge­fähr­det sehen, wenn­gleich sie die­je­ni­gen sind, die letzt­lich keine Ge­gen­re­de oder Mei­nungs­viel­falt dul­den. An­dern­orts wird kon­sta­tiert, dass es heute schwer ist, Dis­kus­sio­nen zu füh­ren, weil viele Men­schen an­de­re Mei­nun­gen nicht mehr er­tra­gen kön­nen.

Mit den The­men Mei­nungs­äu­ße­rung und Dis­kus­si­ons­kul­tur wid­men wir uns Fra­gen, die ak­tu­ell auf allen Ebe­nen der Ge­sell­schaft und ihrer Ent­wick­lung eine wich­ti­ge Rolle spie­len. Wir rich­ten den Blick dar­auf, in wel­cher Form Mei­nung in Film und Vi­deo­kunst dar­ge­stellt wird und wie Film sich selbst zum Dis­ku­tan­ten macht und ar­gu­men­tiert.

Wie äu­ßern wir un­se­re Mei­nung in so­zia­len In­ter­ak­tio­nen? Wie wird sie ver­stan­den und wie be­ein­flusst sie un­se­re Be­zie­hun­gen? Wo wird die pri­va­te Mei­nung zur po­li­ti­schen Äu­ße­rung? So die Leit­fra­gen des ers­ten Abends. Am zwei­ten Abend rü­cken wir in den Fokus, wie Film sich selbst kri­tisch äu­ßert. Wie wird drin­gend not­wen­di­ger Wi­der­stand im Film prä­sen­tiert? Auf wel­che Arten kann Film ein­ge­setzt wer­den, um Ras­sis­mus ent­ge­gen­zu­tre­ten? Am drit­ten Abend be­trach­ten wir, wie po­pu­lis­ti­sche Stra­te­gi­en der Mei­nungs­bil­dung funk­tio­nie­ren. Wel­chen Ein­fluss spie­len Spra­che oder Ver­schwö­rungs­theo­ri­en? Wie kann Film als Ge­gen­er­zäh­lung die­nen und Miss­ver­hält­nis­se kon­ter­ka­rie­ren? Mit dem letz­ten Abend hin­ter­fra­gen wir, wie in Me­di­en de­bat­tiert wird. Wird noch etwas ge­sagt, wenn un­un­ter­bro­chen ge­spro­chen wird? Wie wer­den Bil­der ein­ge­setzt, um Hal­tun­gen zu un­ter­mau­ern oder Dis­kur­se zu len­ken?

PRIVAT UND POLITISCH

DIenstag, 26. NOVEMBER 2019, 19 UHR, Filmpalette

Eine Aus­ein­an­der­set­zung ohne Dia­log, geht das ei­gent­lich? Und wie über­zeu­ge ich je­man­den? „Doris“ ver­sucht dies mit einer*m ima­gi­nä­ren Zu­hö­ren­den – lässt je­doch offen, ob sie bei ihrem Ge­gen­über auf of­fe­ne Ohren stößt. Oder sind wir, das Pu­bli­kum, letzt­end­lich ihre Ge­sprächs­part­ner*innen? Da sich der Be­glei­ter in „Kvist“ mit freund­li­chen Wor­ten nicht über­zeu­gen lässt, muss die Prot­ago­nis­tin hier zu ra­bia­te­ren Maß­nah­men grei­fen und lässt ihn kör­per­lich spü­ren, wor­un­ter sie lei­det. Noch dras­ti­scher ge­stal­tet sich die Ant­wort in „The Trans­fi­gu­ra­ti­on”. In „Tower XYZ“ träumt die Stim­me einer jun­gen Frau aus dem Off von einer bes­se­ren Zu­kunft, die dem Ghet­to ent­kommt. In „For­mer East/For­mer West“ zeich­nen hun­der­te von Stra­ßen­in­ter­views, zwei Jahre nach dem Mau­er­fall ge­führt, ein de­tail­lier­tes Mei­nungs­bild der Ber­li­ner*innen aus Ost und West. Die Aus­sa­gen er­schei­nen dabei heute – 30 Jahre nach dem Fall der Mauer – er­schre­ckend ak­tu­ell.

DORIS – IN EINEM KONFLIKT OHNE DIALOG, Julia Alice von Heinz, 2002, 4 Min.
KVIST, Det Sporadiske Filmkollektivet, 2018, 3 Min.
THE TRANSFIGURATION, Stephan Ganoff, 2018, 20 Min.
TOWER XYZ, Ayo Akingbade, 2016, 3 Min. (Archiv der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen)
FORMER EAST/FORMER WEST, Shelly Silver, 1994, 63 Min.

GEGEN RASSISMUS

DIenstag, 03. DEZEMBER 2019, 19 UHR, Filmpalette

Wie hän­gen Po­li­zei­ge­walt und struk­tu­rel­ler Ras­sis­mus zu­sam­men? Warum wird den Täter*innen des NSU-Ter­rors mehr Öf­fent­lich­keit ein­ge­räumt als den Op­fern? Wie kann es sein, dass sich selbst das ver­meint­lich sach­li­che Jus­tiz­sys­tem von Vor­ur­tei­len lei­ten lässt? Wann wird die seit Jahr­zehn­ten vor­an­schrei­ten­de Nor­ma­li­sie­rung ras­sis­ti­scher und an­ti­se­mi­ti­scher Ge­dan­ken end­lich auf­ge­hal­ten? Wie gehen wir mit Hass­re­de um? Wie schaf­fen es Men­schen, die all­täg­li­chem Ras­sis­mus aus­ge­setzt sind, da­ge­gen­zu­hal­ten und sich zu er­mäch­ti­gen? Der Abend be­leuch­tet am Bei­spiel Ras­sis­mus, wie sich Wi­der­stand im Film for­miert und auf wel­che Wei­sen Film als Pro­test funk­tio­niert. Die Filme sind mal sach­lich, mal sar­kas­tisch, mal vol­ler Pa­thos, ex­pe­ri­men­tell an­deu­tend oder ex­pli­zit an­kla­gend. Sie legen Fak­ten dar, hin­ter­fra­gen, zei­gen Zu­sam­men­hän­ge auf oder su­chen die di­rek­te Kon­fron­ta­ti­on. So un­ter­schied­lich sie agie­ren, so ein­drucks­voll sind sie ver­eint in ihrem Plä­doy­er. Gegen Ras­sis­mus.

OFFICER INVOLVED 2016, Josh Begley, 2016, 1 Min.
BLACK CODE/CODE NOIR, Louis Henderson, 2015, 21 Min.
HALIT-STRASSE, KASSEL, HESSEN, DEUTSCHLAND, Fritz Laszlo Weber, 2014/2015, 16 Min.
WAS WÜRDEN NAZIS NIEMALS TUN?, SPOTS zum TRIBUNAL NSU-Komplex auflösen (www.tribunal-spots.net), 2017, 3 Min.
NORMALITÄT 1-10, Hito Steyerl, 1999-2001, 37 Min.
MEINUNGSAUSTAUSCH, Sophie Linnenbaum/Sophia Bösch, 2016, 4 Min.
WEIL ICH NUN MAL HIER LEBE., SPOTS zum TRIBUNAL NSU-Komplex auflösen (www.tribunal-spots.net), 1994/2017, 1 Min.
K4L (EBOW), Mirza Odabaşı, 2019, 4 Min.

POPULISMUS UND GEGENERZÄHLUNG

DIenstag, 10. DEZEMBER 2019, 19 UHR, Filmpalette

Wel­che Stra­te­gi­en ma­ni­fes­tie­ren sich im Po­pu­lis­mus zur ge­ziel­ten Mei­nungs­bil­dung? Wel­che me­dia­len Auf­merk­sam­keits­re­geln wer­den be­wusst dazu ein­ge­setzt, um Ge­gen­bil­der zu er­zeu­gen? „We wan­ted to make a film that bom­bards you with ou­t­right fa­bri­ca­ti­on." So Poz­do­rov­kin, der mit sei­nem Do­ku­men­tar­film „Our New Pre­si­dent” of­fen­legt, wie Fal­sch­nach­rich­ten und kreml­ge­steu­er­te Netz­werk-nach­rich­ten Trumps Wahl be­feu­ern. „Per­so­nal Truth” geht noch einen Schritt wei­ter und zeigt, wie uns Ver­schwö­rungs­theo­ri­en wie ‘Piz­za­ga­te’, ein an­geb­lich pä­do­phi­les Netz­werk hoch­ran­gi­ger De­mo­kra­ten in den USA, in die Irre füh­ren kön­nen. Ri­chard Serra und Car­lo­ta Fay School­man übten be­reits in den 1970ern mit ihrem Video „Te­le­vi­si­on De­li­vers Peop­le” Kri­tik an den Mas­sen­me­di­en. Die Ar­bei­ten „We Need Pray­ers: This One Went To Mar­ket” und „Die halbe Wahr­heit“ ver­deut­li­chen, wie Spra­che als Ve­hi­kel ein­ge­setzt wer­den kann. „Land­scape of Ab­sence” hin­ter­fragt die männ­li­che Do­mi­nanz in Bil­der­wel­ten.

Der Abend fin­det statt in Ko­ope­ra­ti­on mit

OUR NEW PRESIDENT, Maxim Pozdorovkin, 2017, 12 Min.
PERSONAL TRUTH, Charlie Lyne, 2018, 18 Min.
TELEVISION DELIVERS PEOPLE, Richard Serra/Carlota Fay Schoolman, 1973, 7 Min.
WE NEED PRAYERS: THIS ONE WENT TO MARKET, Jim Chuchu, 2017, 5 Min.
LANDSCAPE OF ABSENCE, Melina Weissenborn/Verena Looser, 2017, 10 Min.
DIE HALBE WAHRHEIT – EIN BEISPIEL AUS DER VERWALTUNGSSPRACHE, Heinrich Pachl, 1976, 29 Min.

MEDIEN UND MANIPULATION

DI, 17. DEZEMBER 2019, 19:00 UHR, Filmpalette

Der Abend kreist um Dis­kus­si­ons­kul­tu­ren im Fern­se­hen und die Wirk­mäch­tig­keit der ein­ge­setz­ten Bil­der. Hu­mor­voll wird das For­mat der Talk­show auf­ge­grif­fen und ad ab­sur­dum ge­führt. Indem eine Nach­rich­ten­spre­che­rin das Ver­hält­nis der Me­di­en zur Kunst re­flek­tiert, wird sie selbst Teil der Ar­beit „Dis­cour­se News”. Fa­ro­cki be­schäf­tigt sich mit dem Fea­ture und kri­ti­siert die über­la­de­ne, Fak­ten schaf­fen­de Bild­spra­che, die gleich­zei­tig ohne grö­ße­re Kon­text­bil­dung aus­kommt. Eine ra­san­te Mon­ta­ge aus An­mo­de­ra­tio­nen für ein­mi­nü­ti­ge State­ments der Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten wer­den in Zeit­lu­pe wie­der­ge­ge­be­nen Ver­zö­ge­rungs­lau­ten wie Ähm und Hmm von Clin­ton und Trump ge­gen­über­ge­stellt. Stey­erl nimmt einen von ihr ge­dreh­ten fe­mi­nis­ti­schen Mar­ti­al-Arts-Film als Aus­gangs­punkt, um über ihre im Krieg ge­tö­te­te beste Freun­din nach­zu­den­ken, die in kur­di­schen Krei­sen bis heute als ‚un­sterb­li­che Re­vo­lu­tio­nä­rin’ ver­ehrt wird.

WER TRÄGT DIE KOSTEN, Daniel Nocke, 2015, 4 Min.
DISCOURSE NEWS, Christian Jankowski, 2012, 6 Min.
ONE MINUTE IN AMERICA, Kai Zimmer, 1993, 1 Min.
GUIDED MEDITATION, Sam Lavigne, 2016, 4 Min.
DER ÄRGER MIT DEN BILDERN, Harun Farocki, 1973, 50 Min.
NOVEMBER, Hito Steyerl, 2004, 25 Min.


Veranstaltungsort: Filmpalette, Lübecker Str. 15, 50668 Köln

Eintritt: 7 Euro / Ermäßigt: 6 Euro

Kurator*innen: Lisa Bosbach, Dominik Bühler, Corinna Kühn, Sonja Wunderlich

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